„Heat“, Michael Manns kühl komponiertes opus magnum von fast 3 Stunden, ist ein minimalistisches Gesamtkunstwerk, in dem die für Mann so typische Poesie der Bilder aus jeder Aufnahme spricht. Reduziert, zurückhaltend, distanziert nähert er sich 2 auf dem Papier ungleichen Leben, die in Praxis einander gleichen wie ein Ei dem anderen: Der eine, obsessiv-kompulsiver Gangster mit präziser Professionalität (De Niro) wird vom anderen, erratisch-impusiver Cop (typisch: Pacino), gejagt. Was beide verbindet: Einsamkeit, Hingabe an ihren Beruf – und ein komplett kaputtes Privatleben, das keinen Raum für Liebe oder Familie (zu)lässt. Der ebenfalls zurückgenommene Soundtrack, großteils elektronische Instrumentalklänge, leitet das (un)gleiche Duo durch eine in Blautönen eingefangene tour de force, deren emotionale Überhitzung sich nur kondensiert in kontrollierter Kälte darstellen lässt. Eine melancholische Männerphantasie, deren Machismo mehrfach gebrochen wird, gleichzeitig ein Porträt, ein Psychogramm, ein Drama, das Kriminelle und deren Widersacher als lediglich zwei Seiten der selben Medaille erscheinen lässt, die einander ursprünglich bedingen.

von Christian Klosz

„Heat“ ist derzeit auf Amazon Prime zu sehen.

In der Diskussion um (filmische) Vorbilder, Denkmäler, Monumente mag vielleicht ein nüchterner Blick helfen: Filme sind stets Kinder ihrer Zeit (manche auch ihrer Zeit voraus!), da mag es wenig verwundern, dass die Darstellungsformen in manchem “Filmklassiker” heute befremdlich wirken. Doch Geschichte – und so auch Kunstgeschichte – ist beweglich, nie endgültig, – und was werden Betrachter in 20, 30, 50 Jahren über die Filme sagen und denken, die wir heute feiern?

Filme werden neu interpretiert, neu rezipiert, neu verstanden, so oder so, und es ist schlicht unmöglich, Filme und Kunst “final” zu bewerten (“gut” – “schlecht”; “gut” – “böse”) oder nur eindimensional zu lesen. Alles in allem: Denkmäler für filmische Ikonen und Vor-Bilder, nach denen Generationen von Filmemachern ihr Werk nach-gebildet haben, sind absolut wichtig und richtig, wenngleich die Beschilderung und Beschriftung der cineastischen Statuen immer wieder verändert und adaptiert werden muss.

Unsere neue Reihe “Vor-Bilder” präsentiert filmische Meilensteine und Monumente, “Klassiker”, wie man so schön sagt, die eine herausragende Bedeutung für das Medium hatten und haben, die nicht gestürzt werden sollten, sondern viel eher wiederentdeckt und vor den Vorhang geholt.

#1: “Charade” von Stanley Donen, 1963

#2: “Heat” von Michael Mann, 1995

#3: “Meatballs” von Ivan Reitman, 1979

#4: “The Good, the Bad and the Ugly” von Sergio Leone, 1966

#5: “Carrie” von Brian de Palma, 1976

#6: “Touch of Evil” von Orson Welles, 1958

#7: “True Romance” von Tony Scott, 1993